Fotos: Lalida Große, Artikel: Sven Goldmann
10. RegioTalk, 24.05.2023 im Studentendorf Schlachtensee
Es werde Licht - Wirkungen und Effizienz von Ausleuchtung, Beleuchtung und Lichtdesign
„Es werde Licht!“, steht auf der Einladung zum 10. RegioTALK des Regionalinkubators Südwest (RIK), aber glücklicherweise ist es schon da. Also: das Licht. Es blinzelt durch die großen Panoramafenster hinein ins Klubhaus 14 des Studentendorfs, wo RIK-Chef Professor Frank Schaal diesmal seine Gäste begrüßt. Ohne Licht ist alles nichts, aber Licht ist eben nicht gleich Licht, und genau darum geht es an diesem Frühlingstag in Schlachtensee.
Über 30 Gäste haben sich im Klubhaus 14 versammelt, und Frank Schaal verspricht Ihnen gleich zum Anfang von zwei höchst unterhaltsamen Stunden, „dass Sie heute eine ganze Menge über das Licht hören werden, von dem Sie vorher überhaupt keine Ahnung hatten“. Da ist was dran. Wer weiß schon, dass das Licht am frühen Morgen so blau und segenreich für den Menschen ist wie sonst nie am Tag. Licht mit hohen Blauanteilen sorgt dafür, dass die Produktion des ermüdende Melatonin wirkungsvoll unterdrückt wird und das aufmunternde Cortisol seine Wirkung entfalten kann.
Professor Kai Kummert erzählt davon in seinem eröffnenden Vortrag, es geht dabei um visuelle Behaglichkeit, „einen Erfolgsfaktor im Workplace- und Faciliy-Engineering“. Viel anglizistisches Vokubular, aber den US-Amerikanern ist das Licht am Arbeitsplatz so wichtig, dass sie es frühzeitig in allerlei Gesetze gegossen haben, und deshalb gebührt ihnen auch ein gewisser Anspruch auf terminologische Hoheit.
Kai Kummert lehrt an der Berliner Hochschule für Technik und betreut auch Bachelor- und Masterarbeiten, die sich mit dem Thema Licht auseinandersetzen. In ein paar Jahren zieht er mit seinen Studenten und Studentinnen dorthin, wo früher mal ein Flughafen war, in die Urban Tech Republic Tegel. Und schon jetzt ärgert es ihn maßlos, dass dort in Sachen Licht wohl nicht die Standards eingehalten werden, wie sie für das Arbeiten, Lehren und Lernen eigentlich selbstverständlich sein sollten. Denn nicht immer und überall wird das Publikum so liebenswürdig und natürlich erleuchtet wie im späten Mai im Klubhaus 14 des Studentendorfs.
Künstliches Licht zählt zu den revolutionären Errungenschaften des Industriezeitalters, und es hat eine dramatische Entwicklung genommen seit den Tagen des Thomas Alva Edison. Moderne und energieeffiziente Beleuchtung soll auch ökologische und biologisch wirksame Ansprüche erfüllen. Daran hakt es zuweilen noch, nicht nur am künftigen Arbeitsplatz von Kai Kummert. Zur Audiovisualisierung von wahlweise gutem und nicht ganz so gutem Kunstlicht ist Günter Gdanietz nach Schlachtensee gekommen. Er leitet ein Unternehmen mit dem schönen Namen „Lichtwerkstatt“ und wird von Frank Schaal liebevoll als „Licht-Junkie“ vorgestellt. Der Licht-Junkie platziert gleich zur Begrüßungseinen Lichtkoffer, eine längliche und silbern glänzende Konstruktion, in der verschiedene Beleuchtungssysteme auf ihre Anfälligkeit für Lichtflimmern getestet werden.
Es geht dabei um Schwankungen in der Helligkeit, die der Mensch optisch gar nicht wahrnimmt, aber über die Augen ans Gehirn zur Stressbildung weitergeleitet werden. Als erstes kommt eine billige Leuchtstoffröhre dran. Heftiges Flimmern ist auf Günter Gdanietz‘ Handykamera zu sehen, und noch unangenehmer ist das enervierende Geräusch, das sein akustisches Lichtmeter im Klubhaus verreitet. Ähnliches erfolgt bei einer Discount-LED-Röhre. Erst beim dritten Probanden, einer Röhre aus dem gehobenen Sortiment, geben Handy und Lichtmeter Ruhe. So schreibt es die Ökodesign-Verordnung seit 2021 vor. „Aber Sie glauben gar nicht, was so alles in großen Märkten verkauft wird“, sagt Günter Gdanietz, und man würde schon ganz gern mal dabeisein, wenn er durch ein Kaufhaus spaziert und sein Lichtmeter aufheulen lässt.
Was daraus folgt, liegt auf der Hand. Qualität hat ihren Peis und ist ihn auch wert. Zu diesem Thema referiert Günter Manske, er berät hauptberuflich beim Einkauf für Leuchtmittel und verweist darauf, dass Unternehmen seit diesem Jahr dazu verpflichtet sind, auf energiesparende Beleuchtung umzustellen. „Besser nicht zu lange warten“, empfiehlt Günter Manske. Für alte Systeme gibt es nur noch vereinzelt Restposten im Lager. Billiger werden die Neuanschaffungen eher nicht, große technische Verbesserungen sind auch nicht zu erwarten. Und wer weiß, wie lange es noch staatliche Förderungen gibt.
Auf diesem Gebiet kennt sich Reinhard Gütz von der REIMA GmbH bestens aus. Er ist Diplom-Ingenieur und verweist einschränkend drauf, „dass nur gewerbliche Einrichtungen gefördert werden, keine Privathaushalte“. Zuständig für staatliche Förderung ist die BAFA, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Die BAFA bietet verschiedene Pakete an, alle setzen sie voraus, dass die geförderten Beleuchtungssysteme einen gewissen Qualitätsstandard einhalten. Und es kann ein bisschen dauern mit der Bearbeitung, „aber wenn alle Anforderungen eingehalten werden, wird auch gefördert“, sagt Reinhard Gütz. Ich persönlich habe noch nicht erlebt, dass ein ordnungsgemäß ausgefüllter Antrag abgelehnt wird.“
Als er das erzählt und gemeinsam mit Frank Schaal, Kai Kummert und den beiden Günters Manske und Gdanietz den RegioTALK im Podiumsgespräch ausklingen lässt, bricht schon der Abend an in Schlachtensee. Kurz vor halb neun, die Zeit ist quasi in Lichtgeschwindigkeit vergangen, aber immer noch hat keiner die Deckenbeleuchtung im Klubhaus 14 eingeschaltet. Denn durch die Panoramafenster blinzelt zuverlässig die Sonne herein, das schönste, natürlichste und gesündeste Licht des Planeten.