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Mehr Platz in der Stadt - Möglichkeiten zur Neugestaltung des Breitenbachplatzes

Fotos:  © Christian Schneider / RIK Berlin Südwest, Autor: Maximilian Wölfl

25. REGIOTALK VOM 05.09.2024IM TITANIA PALAST

Mehr Platz in der Stadt - Möglichkeiten zur Neugestaltung des Breitenbachplatzes

  • Thema: Neugestaltung des Breitenbachplatzes – von Verkehrsflächen zu einem lebenswerteren Ort.
  • Ort: Titania Palast, Berlin-Steglitz.
  • Fokus: Verkehrsberuhigung, Grünflächen, mögliche Wohnraumnutzung durch freiwerdende Flächen.
  • Akteure: Bürgerinitiative Breitenbachplatz, Bezirksstadträte, Regionalinkubator Berlin Südwest.
  • Ziele: Verbesserte Aufenthaltsqualität, Rückbau der Autobahnbrücke, Umwidmung öffentlicher Räume.

Viel Raum für Gestaltung

Beim 25. RegioTALK wurde die Zukunft des Breitenbachplatzes diskutiert

Juri Effenberg hatte sich aufmunternde Schlussworte zurechtgelegt. „Ich habe die Hoffnung, dass wir gemeinsam die Stadt der Zukunft planen können und am Ende einen schönen Breitenbachplatz haben werden“, befand der Chef des Regionalinkubators Südwest (RIK) und beendete damit gleichzeitig den 25. RegioTALK des RIK am vorigen Donnerstag zum Thema „Mehr Platz in der Stadt – Möglichkeiten zur Neugestaltung des Breitenbachplatzes“. Ursprünglich hatte die Veranstaltung in den Räumlichkeiten der Künstlerkolonie am Breitenbachplatz stattfinden sollen. Aufgrund der hohen Nachfrage interessierter Anwohnerinnen und Anwohner wich der RIK kurzerhand jedoch in den Titania Palast aus. Insgesamt fanden rund 100 Teilnehmende den Weg in das traditionsreiche Kino an der Gutsmuthsstraße in Berlin-Steglitz.

„Bei so viel Interesse macht es nochmal ein Stück mehr Spaß“, freute sich Effenberg, der als Moderator einmal mehr durch die Veranstaltung führte. Der Einstieg in den knapp zweieinhalbstündigen Abend wurde Alexander Bittner mit einer Kurz-Präsentation zur Sozialraumorientierten Planungskoordination des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf (SPK) zu Teil. Neben einigen Hintergrundinformationen zur Organisationseinheit, Teil der Bezirksverwaltung Steglitz-Zehlendorf und bestehend aus vier Mitarbeitenden, berichtete Bittner besonders stolz von den umgesetzten FEIN-Maßnahmen (Freiwilliges Engagement In Nachbarschaften). Engagierte Bürgerinnen und Bürger, Akteure oder Initiativen aus dem Kiez können dabei Sachmittel zur Unterstützung ihres Engagements beantragen. Für die Verwirklichung kleiner Projekte stehen pro Antrag höchstens 2.000 Euro zur Verfügung. Vier Projekte brachten es in diesem Jahr in der Bezirksregion zur Umsetzung: So erhielt die Patmos-Gemeinde eine nachhaltige Regenwasserzisterne, die DRK Berlin Südwest wurde mit einem Wasserspender ausgestattet, am Paulsen-Gymnasium stehen nun Kleintierstallungen (Vogelschutz inklusive) und an der Matthäus-Gemeinde am Rathaus Steglitz wurde ein praktischer Geräteschuppen errichtet. Zum Abschluss seiner Präsentation schlug Bittner den Bogen zum Kernthema der Veranstaltung, dem Breitenbachplatz, und führte zu Siedlungsstruktur, Versorgung mit Grünanlagen und öffentlichen Spielplätzen sowie der Lärm- und Umweltbelastung am ehemaligen Anziehungspunkt im Südwesten Berlins aus.

Lutz Pietschker ist mit diesen Themen bestens vertraut. Die Bürgerinitiative des Breitenbachplatzes, dessen stellvertretender Vorsitzender Pietschker ist, setzt sich seit nunmehr zwölf Jahren intensiv mit der Zukunft des Platzes auseinander und formuliert eine klare Forderung: Die Autobahnbrücke muss weg. „Damit, dass ab Herbst oder Winter dieses Jahres ein Teilabriss erfolgen soll, haben wir einen Teilerfolg erzielt“, sagt Pietschker, gibt sich damit aber freilich nicht zufrieden: „Die komplette Brücke soll weg. Wir benötigen einen anderen Flächennutzungsplan.“ Pläne, wie der Breitenbachplatz in Zukunft aussehen könnte, gibt es zur Genüge. Die Idee der Bürgerinitiative: Es soll Wasser auf den Platz gebracht werden. „Bei fast jeder Bürgerbefragung wurde dieser Wunsch an uns herangetragen. Die BVG sieht ihren Tunnel, ihren Bahnsteig und ihr Gleichrichtewerk in Gefahr. Uns würde es aber schon reichen, wenn ein bisschen was plätschert“, schickt Pietschker voraus. Überdies müssten Baumbestand und Rasenflächen geprüft und dem künftigen Klima angepasst werden – es braucht mehr Grün- und Schattenflächen, so die Initiative. Geht es nach Pietschker und seinen Mitstreitenden, könnte der Platz zudem etwas mehr „Schmuckgestaltung“ und einen klareren Nutzungsplan vertragen – stets unter Berücksichtigung des Kinderspielplatzes, der Boule- und Tischtennisspielenden und entsprechenden Ruhezonen. „Im Augenblick werden derzeit sämtliche Gelder, die für die Pflege des Platzes zur Verfügung stehen, für die Sicherheit der Bäume aufgewendet“, so Pietschker, der ergänzt: „Unser absoluter Traum wäre ein kleines Sommercafé, angeschlossen an den Mitteleingang des U-Bahnhofs. Das wäre eine tolle Sache.“ Um dem Platz mehr Struktur zu verleihen, könne man thematische Schwerpunkte schaffen. „Der Hauptplatz könnte weiter als Treffpunkt dienen. Parallel dazu wäre ein Wissenschaftsforum um das Lateinamerika-Institut, ein Sportforum anschließend an den Sportplatz und ein Kunstforum in Anschluss an die Künstlerkolonie möglich.“

Im Zentrum der anschließenden Podiumsdiskussion mit Patrick Steinhoff (Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Bezirk Steglitz-Zehlendorf), Urban Aykal (Bezirksstadtrat für Ordnung, Umwelt- und Naturschutz, Straßen und Grünflächen, Bezirk Steglitz-Zehlendorf) und Prof. Dr. Andreas Knie (Professor an der Technischen Universität Berlin für Soziologie, Leiter der Forschungsgruppe „Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung) stand indes die Zukunft des derzeit geschlossenen Autotunnels unter der Wohnanlage an der Schlangenbader Straße. Aykal bezog klar Stellung: „Wir benötigen eine verbindliche Antwort darauf, was mit dem Tunnel passiert. Diese Frage ist ausschlaggebend dafür, wie der Breitenbachplatz in Zukunft aussehen kann. Eine Sanierung und Wiedereröffnung des Tunnels wie in bisheriger Form wäre aus meiner Sicht katastrophal.“ Dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen den Bezirk in diese Angelegenheit zuletzt erstmals in Form eines Workshops mit einbezogen habe, sei eine gute Grundlage „für einen vernünftigen Weg“ – und stimme ihn optimistisch. Der 50-Jährige ergänzte: „Bei der Neugestaltung des Breitenbachplatzes, einem Filetstück Westberlins, sollte die Verkehrsberuhigung und eine deutlich bessere Aufenthaltsqualität Priorität haben.“

Steinhoff brachte derweil die Zukunft der Schildhornstraße ins Spiel: „Durch den Rückbau der Autobahnbrücke werden dort insgesamt 8.500 Quadratmeter frei. Seitens der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vernehmen wir den Wunsch, die frei werdende Fläche für Wohnraum zu nutzen. Wohnen ist aber nur dort möglich, wo auch die entsprechenden Gegebenheiten vorliegen. Fließt der Verkehr wieder wie vor anderthalb Jahren durch die Schildhornstraße, ist aufgrund der hohen Emissionswerte aus rechtlichen Gründen kein Wohnen möglich.“ Auf die Frage aus dem Publikum, wie die Bürgerinnen und Bürger mehr Einfluss auf die Transformation der Stadt nehmen können, erwiderte Steinhoff: „Da möchte ich an das Vertrauen in die eigene Verwaltung appellieren. Dafür haben wir Stadtplaner und Ingenieure. Klar ist: Es muss weitere Beteiligungsformate geben.“

Ein weiterer Einwurf der Teilnehmenden: Was passiert mit den massiven Rampen und Pfeilern der Autobahnbrücke? Bleiben diese bestehen, bestünde doch die ständige Gefahr, dass mittelfristig eine neue Brücke errichtet wird, gab ein Zuschauer zu bedenken. „Unsere Meinung ist eindeutig: Wir wollen keine Pfeiler auf dem Platz. Sie sollen so schnell wie möglich weg“, gibt Steinhoff die Richtung vor. Um den Rückbau anzugehen, müsse jedoch erst eine Umwidmung der Straße vollzogen werden, erläutert der Bezirksstadtrat.

Prof. Dr. Knie, der für seine mutigen Wortbeiträge Beifall erntete, wandte sich direkt an die zahlreichen Veranstaltungsteilnehmenden: „Ich möchte den Anwohnern Mut machen. Die Stadt hat sich verändert, fast 40 Prozent der Menschen gehen nicht mehr von Montag bis Freitag ins Büro – vielmehr sind sie orts- und zeitflexibel geworden. Die Stadt der Zukunft wird keinen Platz mehr für privat abgestellte Fahrzeuge auf öffentlichem Raum haben. All das wirkt sich auf den Verkehr aus.“ Prof. Dr. Knie schloss mit den Worten: „Die Entwicklung um den Breitenbachplatz kann ein Symbol für die Transformation der heutigen Gesellschaft werden.“ Um darauf mehr Einfluss zu nehmen, solle die Zivilgesellschaft mehr Öffentlichkeit für die Thematik schaffen. Um am Ende einen schönen Breitenbachplatz zu haben.

Die Verkehrs- und Machbarkeitsuntersuchung zum Breitenbachplatz und dem Rückbau der Autobahnbrücken finden Sie unter diesem Link:

Verkehrs- und Machbarkeitsuntersuchung Breitenbachplatz - Berlin.de